Lesen Sie regelmäßig Informationen und Wissenswertes zur Gründung und Führung einer Praxis.

Samstag, 21. Mai 2016

Leitlinien in der Psychotherapie

(pradia.de) Leitlinien geben Ärzten und Psychotherapeuten Handlungsempfehlungen bei
der Diagnose und Behandlung von Krankheiten, unter Berücksichtigung des
aktuellen fachlichen Wissensstandes. Eine Sammlung von Leitlinien auf
den Gebieten der Psychologie, Psychotherapie, Psychiatrie und Neurologie
findet sich hier:

http://www.awmf.org/leitlinien/aktuelle-leitlinien/ll-liste/deutsche-gesellschaft-fuer-psychiatrie-psychotherapie-und-nervenheilkunde-dgppn.html

Montag, 16. Mai 2016

Serie "Techniken des Berichteschreibens" - Folge 3: Indikativ oder Konjunktiv?

Kurzer Exkurs: Im Indikativ heißt es "er ist", "er geht" und "er hat"; im Konjunktiv I "er sei", "er gehe" und "er habe". Klar zu unterscheiden ist der Konjunktiv I vom Konjunktiv II, in dem die verwendeten Beispiele lauten würden: "er wäre", "er ginge" und "er hätte". Auch "lauten würde" ist übrigens Konjunktiv II.

Der Konjunktiv (manchmal auch als "Möglichkeitsform" bezeichnet) findet im psychotherapeutischen Bericht sehr häufig Anwendung, und zwar hauptsächlich der Konjunktiv I. Der Konjunktiv I wird meist bei der indirekten Rede verwendet. Mit ihm beschreibt der Therapeut im Bericht Mögliches oder Berichtetes: Was aus Sicht des Therapeuten lediglich im Bereich des Möglichen liegt, zum Beispiel ihm berichtete Befindlichkeiten und Verhaltensweisen, steht im Konjunktiv I. Ein Beispiel aus der Symptomatik: Der Patient SEI aggressiv (was ja auch eher eine subjektive Beurteilung ist); STREITE sich mit Geschwistern. Ein Beispiel aus der Anamnese: Der Ehemann SEI fremdgegangen. Würde zur
Beschreibung dieser Angaben, die dem Therapeuten ja nur (vom Patienten) berichtet worden sind, nicht der Konjunktiv, sondern der "normale" Indikativ verwendet werden, hätten diese einen anderen Stellenwert. Der Therapeut würde sie sich zu eigen machen, so, als ob er selbst Zeuge gewesen wäre.

Der Indikativ bezeichnet somit unzweifelhafte Fakten (aus Sicht des Therapeuten)! Alles, was für den Therapeuten real, nachprüfbar, greifbar und klar nachweisbar (nicht unbedingt tatsächlich nachgewiesen) ist, etwa durch Ausweise, Urkunden, externe Zeugen etc. (zum Beispiel Scheidung, Tod, Geburt, Geschwister), oder von ihm selbst festgestellt/beobachtet wurde, stellt einen Fakt dar - und wird somit im Indikativ ausgedrückt. Stellt er also ein Verhalten des Patienten (oder der Angehörigen) aus eigener Beobachtung fest, kommt der Indikativ zur Anwendung: Der Patient IST aggressiv (im Sinne "Schon in meiner ersten Therapiestunde verhält (nicht verhalte) sich der Patient sehr aggressiv gegenüber seinem Bruder").

Die Angaben in der Symptomatik und in der Lebensgeschichte (Kapitel 1 und 2 im Erstantrag) werden meistens im Konjunktiv I beschrieben, da der Therapeut dem Gutachter hier das weitergibt, was ihm der Patient (oder dessen Eltern) berichtet hat. Im Psychischen Befund und in der Psychodynamik wird grundsätzlich der Indikativ und das Präsens verwendet. Zwar sind innerpsychische Zusammenhänge keine beobachtbaren, eindeutig nachweisbare Fakten. Hier schreibt der Therapeut aber aus seiner Sicht, aus der die von ihm selbst aufgestellten psychischen Hypothesen eindeutig gegeben sind!

Aus: pradia.de